„Wir verstehen uns als Coaches und können aufgrund unserer großen Erfahrung den Unternehmer auf Augenhöhe begleiten“
Ein Gespräch mit Nancy Heinrich, Head of Campaign, über die Kriterien für die Aufbereitung von Finanzierungskampagnen, der Blick durchs Schlüsselloch und Little Lunch als persönliche Lieblingskampagne.
Frau Heinrich, was genau ist Ihre Aufgabe bei Kapilendo?
Ich leite bei Kapilendo das vierköpfige Kampagnen-Team. Wir kümmern uns darum, dass die Finanzierungskampagnen inhaltlich und visuell auf unsere Plattform kommen. Wir verfassen die Texte, treffen die Auswahl der Bilder und konzipieren vor allem auch die Storyline für die Videos.
Sie verantworten also quasi die Verständlichkeit der Kampagnen?
Genau. Wir stellen das Unternehmen und den Unternehmer in allen Facetten vor. Wir müssen dabei so verständlich und transparent sein, dass wirklich jedermann in der Lage ist, das Geschäftsmodell zu verstehen, um Geld zu investieren. Denn darum geht es letztendlich.
Woher bekommen Sie Ihre Informationen?
Sobald der Vertragsabschluss mit einem Unternehmer vollzogen ist greifen wir zum Hörer und gehen direkt in ein ausführliches Gespräch mit dem Geschäftsführer und oder dem Vertriebsleiter. Wir arbeiten heraus, was das Besondere des Unternehmens bzw. Geschäftsmodells ist. Natürlich haben wir vorher bereits die Unternehmenswebsite recherchiert und Informationen zusammengetragen, die öffentlich zugänglich sind. Aber wir wollen hinter die Marketingfloskeln und Produktwerbung schauen. Wir sind NICHT die verlängerte Marketingabteilung der Unternehmen, sondern denken immer aus der Perspektive der Anleger. Was muss der Anleger wissen, damit er eine Anlageentscheidung treffen kann?
Sie stellen also auch kritische Fragen und bohren nach. Muss sich der Unternehmer vor Ihrem Anruf fürchten?
(lacht) Nein, überhaupt nicht. Die Gespräche laufen immer sehr konstruktiv und wertschätzend. Aber natürlich können wir aus unserer Erfahrung nach über 150 erstellten Kampagnen mögliche kritische Fragen der Anleger antizipieren und tun das auch. Denn das genau ist unsere Aufgabe, alles auf den Tisch zu bringen und bereits im Vorfeld des Kampagnenstarts alle Themen anzusprechen. Transparenz ist unglaublich wichtig. Natürlich gehört da auch eine vergangene Insolvenz dazu oder ein Quartal mit rückläufigen Zahlen. Das muss für die Anleger eingeordnet werden – oftmals ist die Erklärung im Gesamtkontext dann auch gar nicht nur negativ.
Was braucht es in der Zusammenarbeit für eine gute Kampagne?
Wir verstehen uns als Coaches und können aufgrund unserer großen Erfahrung den Unternehmer auf Augenhöhe begleiten. Wenn sich alle Beteiligten darauf einlassen und die übliche Marketingsprache ablegen, dann können tolle Sachen entstehen. Wir geben Impulse, aber sie müssen auch vom Unternehmer aufgegriffen werden. Es geht darum, den Anlegern aufzeigen, warum das Unternehmen auch in 5 Jahren noch seine Zinsen zahlt. Das hat oftmals weniger mit dem Produkt direkt zu tun als viel mehr mit dem Geschäftsmodell, Integration des Unternehmens in den Markt oder auch Anbindung professioneller Partner. Das sollte sich so auch im Video widerspiegeln, kein aufgeblasener Imagefilm. Eher ein Blick durchs Schlüsselloch – nüchtern und ungeschönt sollen die Anleger das Unternehmen und den Geschäftsführer erleben.
Und dann schalten Sie die Kampagne live und die Finanzierung läuft einfach voll?
Die ersten 48 Stunden sind entscheidend. Es ist wichtig, dass nicht nur wir als Kapilendo den Kampagnenstart bewerben, sondern dass das auch die agierenden Personen seitens des Unternehmens in ihren Kanälen kommunizieren. Auch hier ist ein Hand in Hand arbeiten sehr wichtig. Eine Kampagne ist nur sehr selten ein Selbstläufer.
Haben Sie eine Lieblingskampagne?
Die habe ich in der Tat: die Kampagne mit Little Lunch. Und zwar genau aus dem eben angesprochenen Punkt. Das Team bei Little Lunch hat verstanden, wie es ihre bestehenden Kunden ansprechen muss, von Beginn an einbezieht und so zu Anlegern gemacht hat. Das war vorbildlich und hatte als Ergebnis zwei sehr erfolgreiche Finanzierungen.
Woher kommt Ihr Talent komplexe Sachverhalte runter zu brechen?
Ob das ein Talent ist, sei mal dahingestellt. Aber auf alle Fälle habe ich das Rüstzeug dafür bei meinem vorherigen Arbeitgeber bekommen – eine Firma, die sich auf die Erstellung von 1-Minuten-Videos konzentriert hat. Aber auch in meinem privaten Alltag bleibe ich im Training. Täglich muss ich meiner kleinen Tochter komplizierte Vorgänge einfach erklären. Und glauben Sie mir, Kinder fragen mindestens genauso hartnäckig und gnadenlos wie Anleger nach.
Vielen Dank für das Gespräch.