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Interview mit Maarten de Jong (Managing Director Benelux) – „Wir erwarten deutlich mehr Crowd-Power“

Maarten de Jong war schon früh klar, dass Unternehmertum und gesellschaftliches Wohl zusammengehören, später gründete er die erfolgreiche niederländische Crowdfunding-Plattform Oneplanetcrowd. Was genau ihn umtreibt und wie Anlegende bei Invesdor von einer doppelten Rendite profitieren, erklärt Maarten im Interview. 

Maarten, Du engagierst Dich schon lange für Crowdfunding und hast die Plattform Oneplanetcrowd in den Niederlanden gegründet. Wie kamst Du zum Crowdfunding?

Vor meiner Arbeit für Oneplanetcrowd habe ich ein Investorennetzwerk für Unternehmen in jungen Märkten geleitet, das bei der Kapitalbeschaffung geholfen hat. Dann habe ich in den USA die Crowdfunding-Plattform Kickstarter kennengelernt, als es um die Pebble Watch ging, die erste Smartwatch damals. Die Uhr war schon fertig entwickelt und wurde auf Kickstarter im Vorverkauf angeboten. Das Unternehmen wollte 100.000 Dollar einsammeln, doch am Ende kamen über 50 Millionen zusammen. Das war ein Riesenerfolg und ein sehr effektiver und innovativer Weg, um Kapital aufzunehmen. So lernte ich Crowdfunding kennen und ließ mich davon inspirieren.  

Wie kam es dann zur Gründung von Oneplanetcrowd?

Einer der Investoren in meinem Netzwerk war Start Green Capital, eine Fondsgesellschaft, die vorrangig in die Energiewende in den Niederlanden investiert. Als ich mit einem der Fondsmanager dort sprach, stellte sich heraus, dass Start Green bereits die Idee einer Crowdfunding-Plattform für nachhaltige Investitionen bzw. Impact-Investing in den Niederlanden hatte. Anfang 2012 entschieden wir, das zu starten. Meine Aufgabe war es, die Plattform gemeinsam mit Start Green Capital zur Marktreife zu bringen. Seit der Gründung von Oneplanetcrowd haben wir 300 Unternehmen finanziert, mit 35.000 Investoren und im Volumen von rund 120 Millionen Euro. 

Inzwischen habt Ihr angekündigt, dass sich Oneplanetcrowd mit der Invesdor-Gruppe zusammenschließt. Warum?

Die Fusion von Oneplanetcrowd mit Invesdor haben wir schon vor Monaten bekanntgegeben, aber erst jetzt haben wir die Genehmigung der Regulierungsbehörden in Finnland, Niederlanden, Deutschland und Österreich erhalten. Im April können wir den Merger formell abschließen. Aber schon seit November arbeiten beide Unternehmen eng zusammen. Zunächst wollen wir die Crowd beider Plattformen zusammenführen. Das Ziel ist, dass Anleger mit nur einem Login Zugang zu allen Investitionsprojekten erhalten. Das wollen wir diesen Sommer realisieren.  

Was ändert sich durch die Fusion für Deine tägliche Arbeit?

Als Managing Director Benelux der Invesdor-Gruppe manage ich weiter das Team in Amsterdam, das nach interessanten nachhaltigen Investmentvorhaben sucht, um sie Crowdinvestoren anzubieten. Der große Unterschied ist, dass wir jetzt Finanzierungsprojekte unserer Kollegen aus Finnland, Deutschland und Österreich auch niederländischen Anlegern anbieten können. Umgekehrt können wir unsere Investmentvorhaben auch in diesen Partnerländern anbieten. Wir erwarten uns davon viel mehr „Crowd-Power“ mit größeren Geschäftsvorhaben und schnellerer Kapitalakquise über eine größere europäische Plattform. Das eröffnet viel mehr Möglichkeiten.  

Wie wichtig ist in diesem Zusammenhang die ECSP-Lizenz, also die Lizenz als European Crowd Service Provider, die sowohl Oneplanetcrowd als auch Invesdor inzwischen erhalten haben?

Das ist sehr wichtig. Zuvor mussten wir in jedem Land eine eigene Lizenz beantragen, um im jeweiligen Land Crowdfunding-Angebote machen zu können. Mit der ECSP-Lizenz haben wir nun direkten Zugang zur kompletten Europäischen Union und können Geldmittel grenzüberschreitend beschaffen. Oneplanetcrowd war im November 2022 erst die dritte Crowdfunding-Plattform mit so einer Lizenz.  

Wie wichtig ist Dein persönliches Netzwerk für Deine Aufgabe, insbesondere in Benelux?

Ein lokaler Zugang zu Finanzierungsvermittlern, Banken oder Finanzberatern ist sehr wichtig. Wir sehen uns zwar als international agierendes Unternehmen, aber um attraktive Finanzierungsvorhaben zu finden, benötigen wir Fachleute vor Ort, die die lokalen Netzwerke, Zusammenhänge und rechtlichen Regeln verstehen. Nur so kommen wir an die richtigen Unternehmen und können die Finanzierungvorhaben richtig managen.  

Plant Ihr auch Niederlassungen in weiteren Ländern?

Wir haben zum Beispiel vor, in nächster Zeit nach Belgien zu expandieren. Auf der anderen Seite haben wir schon viele belgische Investoren auf der Plattform, die niederländisch sprechen. Das sollte uns zusammen mit der ECSP-Lizenz helfen, dort schnell eine große Investoren-Basis zu gewinnen. Ebenso glauben wir, dass unser Service für englischsprachige Spanier oder Italiener interessant ist. Auch diesen Schritt wollen wir schon bald gehen.  

Wird Euer Schwerpunkt in den neuen Ländern wie schon in den Niederlanden auf nachhaltigen Investments wie etwa erneuerbaren Energien liegen?

Einer der Hauptgründe für den Zusammenschluss mit Invesdor war für uns, dass Invesdor bereits international und grenzüberschreitend tätig ist. Umgekehrt hat sich Invesdor für Oneplanetcrowd entschieden, weil wir hier hochgradig auf Impact-Investing spezialisiert sind, einschließlich der Projekte rund um erneuerbare Energien in den Niederlanden. Jetzt arbeiten wir daran, die Mitarbeiter, das Know-how und das Netzwerk für nachhaltige Projekte an den Invesdor-Standorten in Finnland, Deutschland und Österreich aufzubauen. 

Hast Du ein Beispiel für ein erfolgreiches Finanzierungsprojekt im Bereich Nachhaltigkeit und Impact Investing?

Ja, zum Beispiel Fairphone. Das ist ein Android-Smartphone, das mit Metallen und Mineralien aus nachhaltigen Lieferketten hergestellt wird, und das vom Besitzer selbst repariert und erweitert werden kann. So müssen Nutzer nicht gleich ein neues Smartphone kaufen, wenn ihr altes kaputt oder überholt ist. Das Projekt hat riesiges Nachhaltigkeitspotenzial, denn Elektroschrott ist ja ebenfalls ein großes Problem unserer Zeit. Wir haben Fairphone 2018 mit 2,5 Millionen Euro finanziert. Die Crowdinvestoren zählten seinerzeit zu den Kerninvestoren und haben wesentlich dazu beigetragen, dass das Unternehmen heute profitabel ist. Jetzt können die Crowdinvestoren ihre Aktien im Rahmen einer neuen Finanzierungsrunde mit einer guten Rendite verkaufen. Das ist eine schöne Erfolgsgeschichte. 

War Fairphone ein typisches Finanzierungsvorhaben?

Fairphone ist ein Beispiel für Scale-ups, also erfolgreich gestartete Jungunternehmen, die ihr schnelles Wachstum finanzieren müssen. Aber wir begleiten auch viele neue Erneuerbare-Energie-Projekte in den Niederlanden. Eigentlich könnten sich diese ohne Probleme über Private-Equity-Investoren oder Banken Kapital beschaffen. Aber für Projekte wie etwa Solarpaneel-Felder oder Windrad-Parks verlangen die regionalen Behörden in den Niederlanden, dass ein bestimmter Prozentsatz des Kapitals für die Anwohner investierbar sein muss, damit auch die lokale Gemeinschaft von den Projekten profitiert. Zusammen mit den Projektverantwortlichen organisieren wir dann eine Finanzierungskampagne in der Region mit dem Ziel, die Akzeptanz der Projekte über die Bürgerbeteiligung zu erhöhen.  

Kommt das bei den Bürgern gut an?

Ja, für Anleger ist das sehr attraktiv, weil sie ein Projekt mit guter Rendite und sehr geringem Risiko finanzieren. Üblicherweise sind diese Projekte ausgereift, alle Genehmigungen sind vorhanden, Verträge mit den Netzbetreibern oder Stromabnehmern bereits unterzeichnet. Die Bürger vor Ort werden an den Einnahmen beteiligt und werden unmittelbar ein Teil der Energiewende. Das mögen die Leute und es lockt viele Bürger an. 

Wenn erneuerbare Energie-Projekte oft ein lokales Thema sind, was bringt Investoren dann eine größere, europaweit agierende Crowdfunding-Plattform?

Es stimmt, lokale Projekte bleiben erstmal lokal. Aber häufig sind die Projekte groß genug, um auch Investoren von außerhalb anzuziehen. Oft öffnen wir ein Investment für auswärtige Crowdinvestoren, wenn die Bürger ihre Chance zur Beteiligung bereits hatten.  So bekommt auch der deutsche Anleger künftig die Chance, in einen niederländischen Windpark zu investieren.  

Haben sich die Interessen der Crowdinvestoren mit den Jahren geändert?

Wir glauben, dass immer mehr Menschen in Europa zunehmendes Interesse an Geldanlagen haben, die ihnen sowohl eine finanzielle Rendite also auch eine Nachhaltigkeitsrendite bieten. Wir nennen das eine doppelte Rendite. Unsere Mitarbeiter, Unternehmer und Investoren denken da alle ähnlich: Nutze das Geschäft als eine Quelle für Gutes. Ich glaube, diese Bewegung wird in den kommenden Jahren noch bedeutend größer.  

Ändert diese zunehmende Fokussierung der Anleger auf Nachhaltigkeit auch den Investmentprozess? 

Wenn wir nun die Crowds von Invesdor und Oneplanetcrowd zusammenführen, wir also mehr „Crowdpower“ haben, werden wir auch größere und internationale Scale-ups als Finanzierungskunden gewinnen. Schon jetzt finanzieren wir einige solcher Unternehmen, etwa erwähnte Fairphone oder den E-Bike-Hersteller VanMoof. Durch die kombinierte Investorencrowd werden wir mehr der vielversprechendsten und ambitioniertesten nachhaltigen Scale-ups Europas anziehen. Außerdem möchten wir die Unternehmen über mehrere Finanzierungsrunden begleiten und mit ihrem Wachstum auch größere Finanzierungsvolumina anbieten. Tatsächlich werden die Finanzierungskampagnen immer größer: Wir haben mit Finanzierungsvolumen von 10.000 bis 20.000 Euro angefangen, heute liegt der Durchschnitt bei einer Million Euro pro Projekt. Wenn wir das in Impact-Unternehmen kanalisieren, wird auch der Beitrag zur Nachhaltigkeit immer größer. Unser Impact als Plattform wird so substanziell wachsen.  

Über Maarten de Jong 

Maarten de Jong ist Mitgründer und Geschäftsführer der niederländischen Crowdfunding-Plattform Oneplanetcrowd. Nach Abschluss seines Studiums der Technischen Betriebswirtschaftslehre an der Universität Groningen (NL) und einem halbjährigen Aufenthalt in Sri Lanka begann er in den Niederlanden für das Business in Development Network zu arbeiten, wo er zusammen mit seinem Team vielen Unternehmern in Schwellenländern Finanzierungsmöglichkeiten vermittelte. Er baute ein Netzwerk aus mehr als 150 Business Angels, vermögenden Privatpersonen, Banken und Entwicklungsbanken sowie Risikokapitalfonds auf. Im Jahr 2012 gründete er gemeinsam mit Coenraad de Vries und Laura Rooseboom Oneplanetcrowd unter dem Dach von StartGreen Capital. Oneplanetcrowd ist spezialisiert auf die Finanzierung nachhaltiger und gesellschaftlicher Initiativen, die Investoren finanzielle und gesellschaftliche Renditen bieten.

 

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